Selbsthilfe
Das Wichtigste nach dem Trauma:
Sicherheit und Beruhigung
Sich in Sicherheit bringen, sich beruhigen, alles unternehmen, was je half, sich zu beruhigen, Ausruhen, die Erregung abklingen lassen. Einsatzleiter nach Katastrophenfällen, Rettungsdienst oder Polizisten sollten diese Frage immer mit bedenken: Wie kann ich den Betroffenen einen sicheren Ort verschaffen, fern vom Katastrophenort, wo ihre Erregung abklingen kann und sie wieder zu sich kommen. Wer sich in höchster Erregung befindet, möchte aufspringen und „irgendetwas“ tun. Dies kann oft negative Folgen haben, besonders wenn Verletzungen vorliegen. Den Betroffenen mitzuteilen, dass sie nichts tun müssen, dass andere dabei sind, ihnen zu helfen, kann beruhigend wirken und lediglich reflexgesteuertes Handeln vermeiden. Verhindern Sie, dass Betroffene, die sich in einem Ausnahmezustand befinden, aufspringen und loslaufen.
Wieder Ruhe zu erlangen ist aus verschiedenen Gründen wichtig. Erst dann kommen unsere spontanen Heilkräfte und körpereigenen Erholungsprozesse zum Einsatz. Hält die Erregung an, werden dringend benötigte Kraftreserven unnötig verbraucht. Schließlich kann ein Erschöpfungszustand eintreten, der nicht so sehr auf das traumatische Ereignis zurückgeht, sondern auf die Zeit danach. Der Motor läuft weiter auf Hochtouren, obwohl es kein Fahrziel mehr gibt. Daher sollten Sie alle Hilfsmittel in Anspruch nehmen, die möglicherweise dazu beitragen können, die Tourenzahl Ihres inneren Motors schrittweise herunter zu fahren.
Hierzu weitere Tipps:
An hilfreiche Gewohnheiten anknüpfen
Tun Sie alles, was Ihnen auch bisher schon geholfen hat, sich zu beruhigen und zu entspannen. Legen Sie sich ins Bett, versuchen Sie zu schlafen oder lesen Sie ein Buch. Besonders zu empfehlen: Spazierengehen in einer bekannten Umgebung. Treiben Sie Ihren gewohnten Sport, wenn Ihre körperliche Verfassung das zulässt. Wenn Sie die Wahl haben zwischen einem neuen Film im Fernsehen und einer Ihrer Video-Lieblingskasseten, schauen Sie sich die letzteren an. Da die traumatische Erfahrung uns mit zu viel neuer, unverarbeiteter „Information“ konfrontiert, ist eine überschaubare Ablenkung vorzuziehen.
Unternehmen Sie alles, was Sie ablenken kann. Vermeiden Sie jedoch nach Möglichkeit, sich dazu in Arbeitsvorgänge zu stürzen, die ihrerseits wieder Stress erzeugen. Leider wird dieser Versuch nicht selten unternommen. Man treibt den Teufel mit Beelzebub aus. Auch wenn es gelingt, sich vom Trauma abzulenken, tritt oft keine Erholung ein, sondern Erschöpfung.
Über das Trauma reden!
Reden Sie mit wenigen vertrauten Personen über die Vorfälle. Aber nicht „zwischen Tür und Angel“. Nehmen Sie sich Zeit und stellen Sie sicher, dass Ihr Gesprächspartner ebenfalls nicht unter Zeitdruck steht. Ihr Gesprächspartner sollte einfach zuhören, auf Ihre Gefühle eingehen und seine eigenen zum Ausdruck bringen. Das kann er am besten, wenn er nicht selbst von dem gleichen schrecklichen Ereignis betroffen ist, wie Sie.
Wichtig ist, dass Ihr Gesprächspartner Sie nicht belehrt oder Ihnen womöglich noch Vorwürfe macht. Wenn dies zu erwarten ist, sollten Sie überlegen, ob es nicht einen anderen Gesprächspartner gibt, der weniger „mitbetroffen“ und fähig ist, einfühlsam und auch geduldig zuzuhören. Reden Sie nicht mit Personen, zu denen Sie kein Vertrauen haben. Manche Traumaopfer stehen wie unter einem Zwang, ihre Erlebnisse allen Personen zu erzählen, denen sie begegnen, und das immer wieder. Hier kann es leicht zu Reaktionen von Ablehnung oder Überdruss kommen.
Viele Gesprächspartner befinden sich in ihrem eigenen Alltagsstress und sind entweder nicht in der Lage oder nicht bereit, sich auf die meist äußerst bedrohliche Welt einzulassen, in die uns Traumaberichte versetzen. Manche sind selbst zu stark betroffen oder indirekt „mitbetroffen“. Im Sinne eines Teufelskreises fühlen die Opfer sich dann zurückgewiesen, bekommen den Eindruck, dass niemand sie verstehen kann und ziehen sich immer weiter aus allen sozialen Kontakten zurück.
Eine solche Negativspirale lässt sich unterbrechen, wenn Sie mit ihren Partnern einen begrenzten Zeitraum verabreden, in dem frei über das Trauma gesprochen werden kann. Damit schonen Sie nicht nur Ihren Partner, sondern auch sich selbst.
Muten Sie sich nicht zu, alle manchmal schrecklichen Details immer wieder durchzugehen. Oft wird angenommen, dies sei „therapeutisch“ wirksam. Im Gegenteil können sich Erinnerungen verselbständigen, und die ursprüngliche Panik wird wiederbelebt. Statt Erleichterung zu schaffen, wird die Traumatisierung noch verstärkt.
Auch wenn Ihr Partner mehr wissen will, erzählen Sie nur so viel, wie es Ihnen möglich ist, ohne im Trauma gleichsam wieder zu versinken. Bitten Sie Ihren Partner, auf Ihre Grenzen Rücksicht zu nehmen. Da mit dem Trauma ein extremer Verlust an Selbstbestimmung und Kontrolle über den eigenen Lebensraum verbunden ist, sollten Sie alles tun, was Ihnen das Gefühl von Kontrolle und Selbstbestimmung zurückgibt.
Besonders hilfreich ist es, wenn Ihre Umgebung Sie darin unterstützt. Für sich selbst können Sie kleine, alltägliche Verrichtungen ausführen, einen Fuß vor den anderen setzen, alles ausprobieren, was noch „funktioniert“ und sich auf das konzentrieren, was Sie bewirken können.
Oberstes Ziel während der Schockphase und der Einwirkungsphase des Traumas ist es, allmählich wieder ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit zu finden, wieder „zu sich“ zu kommen und etwas Ruhe zu finden.
Viele Betroffene machen sich selbst Vorwürfe, versagt zu haben und werden langfristig dann von Depressionen heimgesucht. Im folgenden beschreiben wir eine kleine Übung, die manchmal hilft, das eigene Selbstbewusstsein wieder aufzubauen.
Übung „an Erfolge denken“
Bitte notieren Sie auf einem Blatt Papier die zehn größten Erfolge Ihres Lebens. Begründen Sie bei jedem Erfolg mit mindestens fünf Argumenten, weshalb es sich um einen Erfolg handelt.
Wenn Erinnerungen an Ihr belastendes Ereignis oder die belastenden Lebensumstände aufkommen, dann denken Sie gleichzeitig an Ihre früheren Erfolge. Führen Sie die Liste Ihrer Erfolge mit sich. Wenn Sie bemerken, dass Sie sich in Gedanken längere Zeit mit dem Ereignis beschäftigt haben, ziehen Sie Ihre Erfolgsliste heraus und lesen sie sich die Erfolge vor, möglichst laut, wenn es von den äußeren Umständen her möglich ist.
Nach einiger Zeit benötigen Sie die Liste nicht mehr in schriftlicher Form. Dann gehen Sie Ihre Erfolge in Gedanken durch, besonders dann, wenn sich Gefühle der Unzulänglichkeit oder des Versagens bei Ihnen melden sollten.
Wirkungsweise der Übung: Viele Opfer von traumatischen Ereignissen erleben ihr Unglück wie ein persönliches Versagen, auch wenn dies objektiv gar nicht zutrifft. Dann breitet sich eine lähmende, deprimierende Stimmung aus, die eine wirklichkeitsnähere Sichtweise versperrt. Diese Stimmung können Sie unterbrechen, wenn Sie sich an frühere Erfolge erinnern. Natürlich bleibt die schreckliche Erfahrung, die Sie machen mussten, auch weiterhin deprimierend. Aber für viele Betroffene erscheint sie dann nicht mehr so allumfassend. Wenn Sie Ihre bisherigen Erfolge dagegen halten, weisen Sie dem jetzigen Unglück einen begrenzten Platz in Ihrem Leben zu.
In unserem Selbsthilfebuch Neue Wege aus dem Trauma finden Sie eine Vielzahl von Übungen, die Sie für Ihre Traumabewältigung nutzen können. Sie wirken am besten, wenn jeder sich die Übungen aussucht, die an seine persönliche Form der Traumaverarbeitung anknüpfen und persönlich zu ihm passen. Dazu sind ein breites Angebot und eine ausführliche Beschreibung der einzelnen Übungen erforderlich, die in dieser Internet-Übersicht verständlicherweise nicht geleistet werden kann.